Korrosion durch Wasserdampf in Dampfkesseln
Ursachen, Risiken und effektive Schutzmaßnahmen
Dampf ist in vielen industriellen Prozessen unverzichtbar – ob zur Beheizung, Reinigung oder in der Lebensmittelproduktion. Doch gerade dort, wo er ständig im Einsatz ist – in Kesseln, Dampfleitungen oder Armaturen – kann er immense Schäden verursachen.
Leider wird Korrosion durch Wasserdampf viel zu häufig unterschätzt. Besonders in Dampf- und Kondensatleitungen von Dampfkesseln treten Korrosionsschäden auf, die anfangs kaum sichtbar sind – aber langfristig die Anlagensicherheit und Effizienz massiv beeinträchtigen.
In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Korrosion durch Wasserdampf entsteht, warum selbst scheinbar „reiner“ Dampf zur Gefahr werden kann – und welche Schutzmaßnahmen wirklich wirksam sind.
Unsere Themen in diesem Artikel:
- Kann Wasserdampf Metalle wirklich korrodieren?
- Das Problem mit der Kondensation – wie entsteht Korrosion durch Wasserdampf?
- Hat Wasserdampf einen pH-Wert? Stichwort: saurer Dampf
- Korrosion in Dampfleitungen – saures Kondensat durch enthärtetes Kesselspeisewasser
- Dampfflüchtige Korrosionsinhibitoren – Ammoniak und Amine als Korrosionsschutz
Die einfache Antwort lautet: Ja – und zwar aggressiver, als Sie vielleicht vermuten. Korrosionen in Dampfsystemen wirken oft unsichtbar und diffus. Sie entwickeln sich im Inneren von Rohrleitungen oder an schwer zugänglichen Stellen – und bleiben lange unentdeckt. Doch sobald sich saurer Kondensatfilm, Sauerstoff oder CO₂ mit dem Metall verbinden, setzen chemische und elektrochemische Reaktionen ein.
Die Folge: Materialverlust, Leckagen, Undichtigkeiten – und nicht selten ein Anlagenausfall.
Korrosion durch Wasserdampf in einem Dampfkessel
Wasserdampf mag auf den ersten Blick harmlos wirken – schließlich ist es doch nur „heißes Wasser“ in gasförmigem Zustand. Doch in technischen Anlagen entfaltet er unter bestimmten Bedingungen ein gefährliches Potenzial: Denn dann wird Dampf zu einem chemisch hochaktiven Medium, das metallische Oberflächen schädigen und sogar zerstören kann.
Der entscheidende Moment: Wenn Dampf kondensiert. Denn die eigentliche Gefahr entsteht nicht im heißen, trockenen Zustand, sondern beim Übergang von Dampf zu Wasser, also bei der Kondensation. Dampf wird dabei zum idealen Katalysator für Korrosionsprozesse.
Dieser Prozess umfasst mehrere Mechanismen und Schritte:
- Kondensation des Wasserdampfs
Trifft heißer Wasserdampf auf eine kältere Metalloberfläche, schlägt er sich in Form eines hauchdünnen Wasserfilms nieder. Was dabei oft übersehen wird: Dieser Wasserfilm dient als idealer Elektrolyt, also als leitfähige Flüssigkeit, die den Fluss von Ionen ermöglicht. Genau dieser Ionenfluss ist es, der die elektrochemischen Reaktionen in Gang setzt – der erste Schritt zur Korrosion.
- Reaktion mit Sauerstoff
Wasserdampf enthält – je nach Quelle – bereits Sauerstoff, und auch die Umgebungsluft liefert einen konstanten Nachschub. Gelangt dieser Sauerstoff an die Metalloberfläche, reagiert er mit dem Metall zu Oxiden. Bei Eisen führt das zur Bildung von Rost: Zuerst entsteht Eisenhydroxid, das sich mit der Zeit in Eisenoxid (Fe₂O₃) umwandelt – eine poröse Substanz, die keinen Schutz bietet, sondern das Metall weiter angreifbar macht. Dampfhaltige Systeme mit Sauerstoffeintrag neigen besonders zu Lochfraß, Schichtkorrosion und Spannungsrissen.
- Säurenbildung
In Verbindung mit Luftbestandteilen wie Kohlenstoffdioxid (CO₂) wird der Dampf sauer, d. h. es entsteht ein teilweise sehr niedriger pH-Wert. Wie Ihnen vielleicht bekannt, wirken Säuren für Metalle extrem Korrosiv. Besonders kritisch ist dies in geschlossenen Systemen oder dort, wo regelmäßig Frischdampf mit Luftkontakt in die Anlage gelangt.
- Galvanische Korrosion
Befinden sich verschiedene Metalle in einer feuchten Umgebung – etwa durch Wasserdampf und Kondenswasser – kann es zur sogenannten galvanischen Korrosion kommen. Das Prinzip ist einfach: Zwischen den beiden Metallen entsteht ein elektrochemisches Spannungsgefälle. Das unedlere Metall wird dabei gezielt „aufgeopfert“ – es korrodiert deutlich schneller. Typisch ist dieses Phänomen z. B. bei Verbindungen aus Stahl und Kupfer oder Aluminium.
- Spannungskorrosion
Ein besonders tückischer Schaden entsteht, wenn mechanische Spannungen im Werkstoff mit korrosiven Einflüssen wie Wasserdampf zusammenwirken. In diesem Fall spricht man von Spannungskorrosion. Dabei entstehen zunächst mikroskopisch kleine Risse, die sich durch die Spannung und die chemische Reaktion im Inneren des Materials weiter ausbreiten – oft unbemerkt, bis es zum Versagen kommt. Besonders gefährdet sind Komponenten in Hochdruck-Dampfsystemen wie Kessel, Rohrleitungen oder Turbinen.
Korrosionsarten durch Wasserdampf und Kondensat im Überblick
Korrosionsart | Ursache | Typische Schäden |
---|---|---|
Säurekorrosion | CO₂ | Lochfraß, Wanddünnung |
Sauerstoffkorrosion | O₂ | Rostbildung, flächige Oxidation |
Galvanische Korrosion | Kontakt verschiedener Metalle + Feuchtigkeit | Zerstörung des unedleren Metalls |
Spannungskorrosion | Dampf + mechanische Spannungen | Rissbildung, oft in Hochdruckbereichen |
Reiner, trockener Wasserdampf gilt als pH-neutral – denn streng genommen hat er gar keinen pH-Wert. Der pH-Wert bezieht sich ausschließlich auf wässrige Lösungen, also auf Flüssigkeiten. Im gasförmigen Zustand, wie bei Dampf, lässt sich keine Wasserstoffionenkonzentration messen – der pH-Wert ist hier schlicht nicht definierbar.
Doch in der Praxis sieht das anders aus: Kaum ein Dampfsystem arbeitet mit vollkommen reinem Dampf. Stattdessen enthält der Dampf oft gelöste Gase, allen voran Kohlenstoffdioxid (CO₂).
Wenn der Dampf kondensiert – etwa in langen Kondensatleitungen oder während eines Stillstands –, passiert Folgendes:
- CO₂ löst sich
- Es bildet sich Kohlensäure (H₂CO₃) – eine schwache, aber wirkungsvolle Säure
- Der pH-Wert des Kondensats sinkt deutlich, häufig auf Werte zwischen 4,5 und 6
Dieses scheinbar harmlose Kondensat wird damit zur korrosiven Flüssigkeit, die empfindlich auf metallische Werkstoffe reagiert. Die Korrosionswirkung wird zusätzlich verstärkt, wenn Sauerstoff im System vorhanden ist – denn dann greifen gleich mehrere Mechanismen gleichzeitig das Material an (sauer + oxidativ).
Unsere Empfehlung: Mit dampfflüchtigen Kesselprodukten wie Ammoniak oder verschiedenen Aminen kann der pH-Wert des Kondensats gezielt erhöht werden.
Lochfraßkorrosion in einem Dampfkessel
In vielen Dampfkesseln ist enthärtetes Wasser, dass durch eine klassische Enthärtungsanlage mit Salzregeneration erzeugt wird, der Standard für die Kesselnachspeisung. Das macht auch Sinn – schließlich sollen Kalkablagerungen (Kesselstein) vermieden werden, die Wärmeübertragung und Betriebssicherheit stark beeinträchtigen könnten.
Doch was viele übersehen: Enthärtetes Wasser für Kesselanlagen ist häufig genau das Problem. Es kann Korrosion in Dampfleitungen sogar begünstigen, da nach der Enthärtung Carbonatverbindungen im Wasser enthalten sind.
In einfachen Worten: Bei einer klassischen Enthärtungsanlage, die mit Natriumchlorid (Kochsalz) regeneriert wird, werden Calcium- und Magnesiumionen gegen Natriumionen (Natriumchlorid=Kochsalz) ausgetauscht. Calciumhydrogencarbonat, man könnte bildlich auch „unsichtbarer Kalk“ sagen, wird in Natriumhydrogencarbonat verwandelt. Das Calcium wurde ja bereits durch die Enthärtungsanlage entfernt.
Durch hohe Temperaturen in der Kesselanlage entstehen daraus Natriumcarbonat, Kohlendioxid und Wasser. Das Kohlendioxid wird häufig im Entgaser eines Speisewasserbehälters von Dampfkesseln entgast. Nicht entgast wird die gebundene Kohlensäure des Natriumcarbonates.
Im Dampfkessel erfolgt ein Zerfall des Natriumcarbonates in Kohlendioxid, Wasser und Natronlauge.
Klingt immer noch zu kompliziert? Dann einfacher:
=> Hydrogencarbonate (HCO₃⁻) nach Enthärtung noch vorhanden
=> Im Kessel bei hohen Temperaturen entsteht Kohlendioxid (CO₂)
=> Kohlendioxid (CO₂) als Gas verlässt mit dem Dampf das Kesselwasser (dampfflüchtig)
=> Kohlendioxid (CO₂) reagiert im Kondensat mit Wasser zu Kohlensäure (H₂CO₃)
=> Kohlensäure (H₂CO₃) ist, wie der Name schon sagt, eine Säure und senkt den pH-Wert im Kondensat
=> Saures Wasser ist für Metalle sehr korrosiv
Zusatzinformation: Im Rahmen der Sodaspaltung entsteht auch Natronlauge. Natronlauge ist nicht flüchtig und verbleibt im Kesselwasser. Somit entsteht häufiger bereits ohne Korrekturchemikalien ein alkalischer pH-Wert im Kesselwasser.
Dampfflüchtige Korrosionsinhibitoren – Ammoniak und Amine als Korrosionsschutz für Dampf- und Kondensatleitungen
Eine bewährte Methode zur Korrosionsvermeidung in Dampf- und Kondensatnetzen ist der Einsatz sogenannter dampfflüchtiger Inhibitoren bzw. Alkalisierungsmittel. Diese Substanzen – häufig Ammoniak, Amine wie Morpholin, Cyclohexylamin, Diethylaminoethanol (DEAE), 2-Aminoethanol oder auch einige filmbildende Amine – verdampfen mit dem Wasser und schützen auch entfernte Anlagenteile im Dampfnetz, bei Verbrauchern oder im Kondensatnetz.
Derartige dampfflüchtige Kesselbehandlungsprodukte werden häufig als CO₂-Fänger, CO₂-Neutralisatoren, dampfflüchtige Alkalisierungsmittel oder Kondensatschutzmittel bezeichnet.
Bei der Produktauswahl können jedoch viele Fehler gemacht werden.
Folgendes muss bedacht werden:
- Unterschiedliche Flüchtigkeit
Je nach Druck und Temperatur im Kessel sind die einzelnen Produkte mehr oder weniger dampfflüchtig. Eine falsche Auswahl kann z. B. den pH-Wert im Kesselwasser zu stark erhöhen und trotzdem ist der pH-Wert im Kondensat noch zu gering. - Unterschiedliche Stärke der Neutralisation des pH-Wertes
- Zulassung für Anwendung
In der Lebensmittelindustrie sind z. B. nicht alle Produkt zugelassen. Hier wird eine FDA-Zulassung benötigt. - Gefährlichkeit des Stoffes
Hinsichtlich Arbeitsschutz usw. - Verträglichkeit mit Werkstoffen in Dampf- und Kondensatnetzen
Ammoniak z.B. kann bei Buntmetallen, z. B. Kupfer, schwere Korrosion verursachen
Kesselprodukte zum reinen Korrosionsschutz für Dampf- und Kondensatleitungen aus unserem Sortiment:
Korrosionsschutzmittel | Funktion | Wirkstoffbasis |
---|---|---|
Plusammina 2030 | CO₂-Neutralisator / Dampfalkalisierung | Amine |
Plusammina 2031 N | CO₂-Neutralisator / Dampfalkalisierung | Ammoniak / Amine |
Plusammina 705 | CO₂-Neutralisator / Dampfalkalisierung | Ammoniak |
Plusammina 714 | CO₂-Neutralisator / Dampfalkalisierung | Amine |
Plusammina 718 | CO₂-Neutralisator / Dampfalkalisierung | Amine |
Weiter führen wir eine Vielzahl von Kombinationsprodukten, bei denen dampfflüchtige Produkte mit weiteren Wirkstoffen, z. B. Sauerstoffbindern, kombiniert sind.
Jetzt beraten lassen – bevor aus Dampf Schaden wird
Wenn Sie Korrosionsprobleme in Ihrer Anlage vermuten oder bestehende Schutzmaßnahmen überprüfen möchten, unterstützen wir Sie gern. Unsere Experten analysieren Ihre Dampfsysteme umfassend und entwickeln ein individuelles Schutzkonzept, das nicht nur kurzfristig hilft, sondern auch langfristig Sicherheit und Wirtschaftlichkeit gewährleistet.
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