Stichwort Korrosion und Kalk – Was ist das beste Wasser zur Befüllung für Kühlkreisläufe oder Maschinenkühlungen in der Industrie?
Vollentsalztes, enthärtetes Wasser oder doch einfach unbehandeltes Trinkwasser verwenden?
Diese Frage wird uns gefühlt seit 30 Jahren mehrmals pro Woche gestellt: Welches Wasser ist für die Befüllung unseres Kühlkreislaufs der neuen Maschine bzw. neuem Kühlkreislauf das Beste? Meist steht aus Kundensicht die Vermeidung von Korrosion und Ablagerungen, die zu teuren Instandsetzungen oder Maschinenausfällen führen können, im Fokus.
In diesem Fachartikel erfahren Sie:
- Vorteile von Trinkwasser / Stadtwasser
- Nachteile von Trinkwasser / Stadtwasser
- Vorteile von vollentsalztem / demineralisierten Wasser
- Nachteile von vollentsalztem / demineralisierten Wasser
- Vorteile & Nachteile von voll enthärtetem Wasser
- Fazit – Was ist das beste Wasser für Kühl-, Prozess- oder Maschinenkühlkreisläufen
Nähern wir uns dem Thema an…
Trinkwasserinstallationen in Privathäusern müssen nicht alle 3 Jahre wegen Korrosion ersetzt werden, richtig? Ja, das wissen Sie selbst. Trinkwasserinstallationen sind ohne die Zugabe von Korrosionsschutzmitteln häufig über Jahrzehnte ohne Probleme in Betrieb.
Warum ist das so? Dies ist relativ einfach. Trinkwasser unterliegt der Trinkwasserverordnung und muss eine bestimmte Qualität aufweisen. Es muss die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) einhalten.
Hinsichtlich der Korrosion hat Trinkwasser, dass häufig auch als Stadtwasser bezeichnet wird, folgende Vorteile:
- Bereits erfolgte Wasseraufbereitung
Trinkwasser muss per Gesetz eine bestimmte Beschaffenheit aufweisen. Eine Wasseraufbereitung, falls die Wasserquelle diese Parameter nicht einhält, erfolgt bereits vom Trinkwasserversorger. Beispiele können die Entfernung von Eisen, Mangan oder Schwebstoffen sein. Ein nicht zu unterschätzenden Vorteil - pH-Wert zwischen 6,5 und 9
Der pH-Wert von jedem Trinkwasser ist neutral bis leicht alkalisch. Dieser neutrale bis leicht alkalische pH-Wert ist grundsätzlich wenig korrosiv für fast alle gängigen Metalle wie Aluminium, Stahl, verzinkter Stahl, Kupfer, Messing oder Rotguss. - pH-Stabilität / Karbonatpufferung
Viele kennen diesen Effekt: Trink- oder Stadtwasser, wird beispielhaft mit pH-Wert 7,5 in einen geschlossenen Kühlkreislauf eingespeist. Nach einiger Zeit stellt sich ein höherer pH-Wert automatisch ein. Dies ist sehr vorteilhaft für die Korrosionsrate von fast allen Metallen, insbesondere für Stahl/Eisen.Dies hat u.a. folgende Gründe:
1. Kohlendioxid entweicht
Im Betrieb eines Kühl- oder Prozesswasserkreislaufes entweicht Kohlendioxid (CO₂). CO₂ bildet im Wasser Kohlensäure (H₂CO₃). Kohlensäure ist eine Säure mit niedrigem pH-Wert. Der Säuregehalt im Wasser wird folglich reduziert und der pH-Wert des Wassers wird erhöht.
2. Entstehung von Hydroxiden
Stadtwasser enthält Hydrogencarbonate. Hydrogencarbonate wandeln sich mit der Zeit in Wasser meist in Carbonate und Hydroxid-Ionen um. Hydroxide sind alkalisch und der pH-Wert des Wassers steigt.
Höhere Temperaturen begünstigen im Regelfall einen Anstieg des pH-Wertes.
Die gelösten Wasserinhaltsstoffe sorgen weiterhin für einen viel stabileren pH-Wert als dies z. B. bei VE-Wasser der Fall ist. Dies kann sehr vorteilhaft sein.
- Schutzschichtbildung vieler metallischer Werkstoffe
In vielen Fällen sorgen verschiedene Bestandteile im Trinkwasser für schützende Korrosionsschutzschichten auf vielen Metallen. Dies ist ein natürlicher Prozess und erfolgt ganz automatisch. Wesentlich sind hier folgende Wasserparameter: KS4,3-Wert >2 mmol/l, Kalziumgehalt > 40 mg/l, pH-Wert >7, Sauerstoffgehalt > 3 mg/l. Diese Werte werden von Trinkwasser fast immer eingehalten. Eine natürliche Schutzschichtbildung bei z. B. Stahl durch Kalzium-, Magnesiumionen (z. B. „Kalk“), Eisencarbonat (FeCO₃), Magnetit (Fe₃O₄) oder weiterer Eisenoxide ist sehr wahrscheinlich. Dies stellt in vielen Fällen einen grundlegenden und kostenlosen Korrosionsschutz dar. - Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht
Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht ist für Laien relativ komplex, wir wollen es aber in einfachen Worten versuchen. Es spielt eine ganz zentrale Rolle bei der Korrosion von metallischen Werkstoffen. Das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht ist im Groben das Verhältnis von gelöstem Kohlendioxid ((CO₂ / freie Kohlensäure), Hydrogencarbonat (HCO₃⁻) und Kalziumcarbonat (CaCO₃) im Wasser. Das Gleichgewicht dieser Stoffe beeinflusst die Aggressivität des Wassers und damit die Korrosionsanfälligkeit von Metallen.Vereinfacht ist es wie folgt:
– Aggressives Wasser ist kalklösendes Wasser. Es enthält zu wenig Kalziumcarbonat, zu viel Kohlensäure.
Schwere Korrosion bei z. B. Eisen kann die Folge sein.
– Übersättigtes Wasser wirkt kalkabscheidend, also tendiert zur Ablagerungen von festen Kalkablagerungen im Wasser.
Was aus korrosiver Sicht in Ordnung ist, kann zu schweren Ablagerungen führen.
– Im Gleichgewicht befindliches Wasser
Dieses Wasser tendiert weder zur Bildung von Kalkablagerungen, noch werden diese aufgelöst. Wasser im Kalk-Kohlensäure-Gewicht befindliches Wasser ist weder sehr korrosiv, noch neigt es zu Ablagerungen im Wassersystem.
Trinkwasser besitzt sehr viele Vorteile, jedoch auch Nachteile. Die wesentlichen Nachteile von Trinkwasser oder auch Stadtwasser sind nachfolgend dargestellt:
- Es enthält Chloride
Trinkwasser enthält im Regelfall Chloride. Die Menge ist gemäß der Trinkwasserverordnung auf max. 250 mg/l begrenzt. Häufig bewegt sich der Chloridgehalt im Trinkwasser in Deutschland jedoch nur zwischen 8 und 50 mg/l. Dies ist meist von der jeweiligen Wasserquelle des Versorgers abhängig. Chlorid-Ionen sind ein korrosiver Wasserinhaltsstoff, die in größeren Mengen Korrosion z. B. bei Edelstahl, Kupfer oder Aluminium auslösen können. - Es enthält Sulfate
Sulfate sind ebenfalls ein korrosiver Wasserinhaltsstoff. Die Menge ist ebenfalls auf 250 mg/l gemäß Trinkwasserverordnung begrenzt. Die Werte beim deutschen Trinkwasser liegen meist im Bereich 15-100 mg/l. - Es enthält Sauerstoff
Sauerstoff ist in der Regel Grundlage für Korrosionsvorgänge bei Metallen. Trinkwasser enthält je nach Temperatur faktisch eine gewisse Menge Sauerstoff. - Es hat eine gewisse elektrische Leitfähigkeit
Meist liegt die elektrische Leitfähigkeit von Trinkwasser im Bereich 300 – 900 µS/cm. Je nach Region und Wasserquelle kann dieser Wert stark schwanken.Wasser mit einem hohen elektrischen Leitwert enthält relativ viele gelöste Wasserinhaltsstoffe, z. B. Karbonate, Chloride, Sulfate etc.. Einige Stoffe hiervon, z. B. Chloride oder Sulfate, können korrosiv auf Metalle wirken. Weiter handelt es sich bei den Wasserinhaltsstoffen um Elektrolyte, die den elektrochemischen Korrosionsprozess durch höhere elektrische Ströme beschleunigen können. - Es hat Potenzial zur Bildung von „Kalk“
Aus Kundensicht ist es häufig ein Problem, dass Trinkwasser ja Kalk bilden kann. Kalk will man im Kühl-, Prozesswasser oder Wärmetauschern nicht haben. Absolut verständlich und auch grundsätzlich richtig. Die Bildung von Kalk, also Kalziumcarbonat, kann Probleme verursachen.Bedenken Sie jedoch für Ihre Kühlanlage oder Kühlkreislauf folgendes:
Wird ständig neues, kalkhaltiges Wasser nachgespeist oder ist die Kalkmenge aufgrund wenig Nachspeisung sowieso mengenmäßig begrenzt? Unterschätzen Sie den natürlichen Korrosionsschutz durch „Kalk“ nicht.
Bildet sich überhaupt Kalk in Ihrem Kreislauf oder bleibt der Kalk in Ihrem Kühlwassersystem einfach im Wasser und macht somit kein Problem?
Die wesentlichen Vorteile von vollentsalzten oder demineralisierten Wasser sind nachfolgend dargestellt:
- Geringe elektrische Leitfähigkeit
Die geringe Leitfähigkeit verlangsamt vom Grundsatz die elektrochemische Korrosion verschiedener Metalle. Es entstehen weniger galvanische Zellen und der Ionen-Fluss ist eingeschränkt.Da vollentsalztes Wasser keine oder nur sehr wenige Ionen enthält, ist die elektrische Leitfähigkeit des Wassers extrem gering. Dies bedeutet, dass die elektrochemische Korrosion, die auf dem Fluss von Ionen basiert, stark eingeschränkt wird. Ohne Ionen wie Chloride, Sulfate oder Nitrate kann sich keine galvanische Zelle zwischen unterschiedlichen metallischen Bereichen bilden, was die Korrosion reduziert. - Keine aggressiven Wasserinhaltsstoffe
Es sind im Regelfall keine korrosiven Wasserinhaltsstoffe, wie Chloride oder Sulfate mehr enthalten. - Keine Gefahr von Kalkablagerungen
Es ist kaum mehr Kalzium enthalten. Dadurch entsteht keine Gefahr von Kalkablagerungen.
Lassen Sie uns eine Frage stellen. Was würde passieren, wenn man vollentsalztes Wasser als Trinkwasser für den öffentlichen Raum nutzen würde? Die Folge wäre in sehr kurzer Zeit eine korrosive Zerstörung des öffentlichen Trinkwasserverteilungsnetzes und vieler Trinkwasserinstallationen in privaten Häusern oder Unternehmen. Weiter würden durch die Ablösung von Ablagerungen im Rohrverteilungssystem signifikante Verblockungen von Bauteilen im Verteilernetz und in Wohnhäusern die Folge sein.
Die Begründung liefern die nachfolgend dargestellten wesentlichen Nachteile von vollentsalztem Wasser:
- Sättigungsverhalten von sehr leitwertarmen Wasser
Zu reines Wasser enthält kaum Wasserinhaltsstoffe. Dadurch neigt es dazu Ionen aus Metallen zu lösen. Man könnte sagen, es strebt nach einem Ionenausgleich. Man könnte auch sagen, dass vollentsalztes Wasser eine bessere Fähigkeit hat, gelöste Metalle aufzunehmen, da es noch keine hat. Dies kann die Korrosionsrate signifikant steigern. - pH-Wert
Vollentsalztes Wasser hat üblicherweise einen pH-Wert von 5,5-6. Der pH-Wert wiederum hat einen signifikanten Einfluss auf die Korrosionsrate vieler Metalle. Beachten Sie, dass Sie mit unbehandeltem VE-Wasser häufig eine schwache Säure im Kreis pumpen. - Fehlende Pufferkapazität
Hat ein Wasser wenig Wasserinhaltsstoffe erfolgen pH-Wert-Verschiebungen nach unten oder oben schneller als bei Wasser mit mehr Wasserinhaltsstoffen, z. B. Trinkwasser. Das Maß für gelöste Wasserinhaltsstoffe ist die elektrische Leitfähigkeit. Geben Sie also in ein Wasser mit 500 µS/cm elektrischer Leitfähig und in ein Wasser mit 30 µS/cm 1 Tropfen Säure zu, wird sich der pH-Wert des Wassers mit geringer Leitfähigkeit stärker nach unten verschieben. In Kühlkreisläufen mit vollentsalztem Wasser kann durch Eintrag von Kohlenstoffdioxid aus der Luft, mikrobiologischen Befall oder Korrosion von Stahl bzw. Eisen der pH-Wert stark absinken. Extrem schnelle Korrosion von Metallen kann die Folge sein. Dies stellt einen signifikanten Nachteil von vollentsalztem oder demineralisierten Wasser dar.
Zusätzlich muss angemerkt werden, dass der Vorteil von Trinkwasser / Stadtwasser hinsichtlich natürlicher Schutzschichtbildung zusätzlich fehlen.
Dies stellt im Umkehrschluss einen sehr wesentlichen Nachteil von vollentsalztem Wasser dar. Die korrosive Aggressivität von VE-Wasser ohne den richtigen Korrosionsinhibitor ist signifikant höher, als bei Trinkwasser. Dies stellt höhere Anforderungen an die Wasserbehandlung.
Die Verwendung von enthärtetem Trinkwasser bzw. Stadtwasser kommt im Regelfall nur in Betracht, wenn die Bildung von Kalk im Kühlkreis ein faktisches Problem darstellt. Voll enthärtetes Wasser wird im Regelfall durch klassische Enthärtungsanlagen durch Austausch von Calcium- und Magnesium-Ionen durch Natrium-Ionen hergestellt. Aggressive Karbonate und die fehlende Möglichkeit der natürlichen Schutzschichtbildung führen zu einer hohen korrosiven Aggressivität dieses Wassers. Um Korrosion vorzubeugen entfernen z. B. Enthärtungsanlagen in Privathaushalten oder auch Verdunstungskühlanlagen nicht die gesamte Wasserhärte, sondern belassen eine Resthärte im Wasser.
Das Fazit – Was ist nun das beste Wasser zur Vermeidung von Korrosion und Ablagerungen in industriellen Kühl- und Prozesswasserkreisläufen?
Pauschal würde die Antwort von uns im Normalfall lauten: Trink- oder Stadtwasser.
Trink- oder Stadtwasser ist faktisch nicht für jeden Kühlkreislauf das perfekte Wasser. Extrem schnelle und schwere Korrosionsschäden sind aufgrund der Beschaffenheit jedoch auch nicht erwarten. Wir würden es also als die unkomplizierteste und einfachste Wasserquelle bezeichnen.
Nach 30 Jahren Erfahrung in der industriellen Wasseraufbereitung und Wasserbehandlung können wir Ihnen versichern, dass durch voll enthärtetes Stadtwasser und vor allem durch vollentsalztes Wasser, mit Abstand die schnellsten und schwersten Korrosionsschäden in Kühl- und Prozesswasserkreisläufen, z. B. zur Kühlung von Maschinen, entstehen. Der Hauptgrund ist meist eine Mischung aus zu geringem pH-Wert und der grundlegenden Aggressivität von VE-Wasser. Häufig wird von Betreibern und auch von einigen Anlagen- und Maschinenbauern die Meinung vertreten VE-Wasser ist das beste Wasser, da es ja keine schädlichen Inhaltsstoffe enthält. Ein vielfach sehr teurer Irrtum.
Das komplexe kommt leider erst noch. Das beste Wasser für viele Kühl- und Prozesswasserkreisläufe, insbesondere für halboffene und geschlossene Kühlkreisläufe, ist häufig vollentsalztes Wasser mit der Zugabe des korrekten Korrosionsschutzmittels in der richten Menge. Alternativ ist eine Mischung aus vollentsalztem Wasser mit Stadtwasser, was speziell die Überwachung des Kühlwassers erleichtert, eine hervorragende Lösung.
Fragen Sie uns einfach – wir beraten Sie gerne.